Die abstrakte Grenzüberschreitung als strukturelles Moment gerade der vormodernen Kleinepik konkretisiert sich mitunter in schlechtem Wetter. Die eine, liminale Wendung, die kleinepisches Erzählen oftmals bestimmt, manifestiert sich auch im Wetterumschwung, der für die Vormoderne grundsätzlich mehr ist als ein arbiträres, chaotisches Naturphänomen: Wetter – ›schönes‹ Wetter, vor allem aber ›schlechtes‹ Wetter – ist grundsätzlich Medium der Kommunikation zwischen Transzendenz und Immanenz, zwischen Gott und Schöpfung. Wetter ist in diesem Zusammenhang nicht nur per se eine ontologische Grenzüberschreitung, sondern geht – vor allem in Form von ›schlechtem‹ Wetter – oftmals einher mit existenziellen Grenzüberschreitungen auf kreatürlicher Ebene.
Themenheft-Artikel
Sylvia Jurchen, Silvan Wagner: Einleitung
Silvan Wagner: Unterscheiden im Gleichmachen: Die verwirrende Funktion von Wein in den frühneuzeitlichen ›Weingrüßen‹, S. 55–84
Madeline Fox: Optical Theory and Feminine Auctoritas within Chaucer’s the ›Tale of Melibee‹, S. 85–104
Sylvia Jurchen: Mehrstimmige Wetterwunder. Bußtheologische Grenzgänge im ›Dialogus Miraculorum‹ des Caesarius von Heisterbach, S. 105–152
Luca Kirchberger: Über Grenzen und Wetter in der Schneekind-Tradition, S. 153–191