Brüchige Finalität. Erzähl- und kulturhistorische Perspektiven auf das Ende in vormoderner Kleinepik

Der vorliegende Sammelband beleuchtet Konzeptionen, Darstellungsformen und Deutungsmuster des poetischen Endes im Feld mittelalterlicher Kleinepik. Das Ende ist eine kulturell überaus wirkmächtige Strategie der Sinnerzeugung, die Abgeschlossenheit signalisiert und Ziel wie Ergebnis des Davorliegenden definiert. Schon historisch tritt das Ende allerdings als polymorphes Phänomen in Erscheinung, dessen nähere Bestimmung eine Herausforderung darstellt. In der vormodernen Kleinepik wird die Frage nach Ein- und Abgrenzung des Endes in besonderer Weise virulent. Hier erweist sich das Ende oftmals als brüchig, da Handlungsende und Schlussgebung gegenläufige Semantiken entfalten. Anhand konkreter Fallbeispiele gehen die Beiträge der Frage nach, ob und auf welche Weise das Ende Abgeschlossenheit herzustellen vermag und wie sich sein ordnungsstiftendes Potential zum Grad seiner Offenheit verhält.

DOI: https://doi.org/10.25619/BmE_H20242

Themenheft-Artikel

Mareike von Müller , Michael Schwarzbach-Dobson: Brüchige Finalität. Eine Einleitung. S. 1–34

Christiane Witthöft: Der Weisheit letzter Schluss‹: Klugheitsethische und semantische Implikationen des ›Endens‹ in Konrads von Würzburg ›Der Welt Lohn‹ (mhd. endehaft). S. 35–73

Udo Friedrich: Es lebe der Tod! Sinnparadoxien in mittelalterlichen Exempeln. S. 75–95

Philip Reich: Transfinalität. Kohärenz, Kohäsion und diegetische Substitution in den kleinepischen Sammelhandschriften Berlin, mgo 1430 und Wien, Cod. 2885. S. 97–139

Hans Jürgen Scheuer: Das Ende in den Dingen. MacGuffins im vormodernen Beichtexempel. S. 141–169

Julia Weitbrecht: Im Tode vereint. Religiöse Perspektivierungen des guten Endes in ›Alexius‹, ›Anastasia von Spanien‹ und ›Der Bräutigam im Paradies‹. S. 171–190

Lena Zudrell: Das Ende der Heiligen. Andreas Kurzmanns ›Amicus und Amelius‹: S. 191–213

Hartmut Bleumer: Die Qualität des Endes. Zum Leben der Form in der ›Halben Birne‹: S. 215–258

Adrian Meyer: Der Anfang vom Ende. Metaleptische Gesten im ›Schlegel‹ Rüdegers von Hinchoven. S. 259–290

Friedrich Michael Dimpel: Kausalität verabschieden. Lineare gender-Gerechtigkeit und der Weg zum Ende in der ›Buhlschaft auf dem Baume‹: S. 291–353

Lorenz Brandtner: Der Sex nach dem Sex. Diskursivierungen von Sexualität nach dem Geschlechtsakt im Märe ›Des Mönches Not‹: 355–382

Silvan Wagner: Die offene Pointe als Falle. Wie die ›Drei listigen Frauen A‹ ihr Publikum foppen: S. 383–413