Die wissenschaftliche Gesellschaft Brevitas (e.V.) wurde 2018 gegründet und widmet sich der Erforschung vormoderner Klein­epik. ‚Kleinepik‘ wird dabei als Dachbezeichnung vormoderner Texte verstanden, die sich durch relative Kürze, Prägnanz und die Möglichkeit einer Gesamtrezeption am Stück (etwa einer einzelnen Aufführung, eines einzelnen Leseaktes) auszeichnen. Viele dieser Texte sind inhaltlich im Spannungsfeld zwischen schimpf und ernst angesiedelt. Kleinepik subsumiert entsprechend divergente Textgruppen wie Mären, Bispeln, Schwänke, Wundererzählungen, Legenden, aber auch eher diskursive Formen wie Minnereden, geistliche Bispelreden, Rätsel, Streitgespräche, Sprichwörter etc. Dabei ergeben sich vornehmlich folgende Aktionsräume für Brevitas:

Impulse geben: Regelmäßige Gesellschaft-Tagungen konturieren der Gegenstandsbereich ‚Kleinepik‘ und schaffen neue interpretative Zugänge, die auch auf andere Gegenstandsbereiche der Forschung übertragen werden können. Entsprechend werden auch gezielt Forschungsinitiativen mit einem breiten gegenständlichen wie methodischen Fokus ideell unterstützt.

Vernetzen: Brevitas vernetzt aktuelle Projekte zur Kleinepik, vermittelt Spezialistenwissen und fördert den internationalen und interdisziplinären Austausch. Ein besonderes Augenmerk liegt auch auf der Vernetzung von Forschung und Lehre und auf der Gewinnung wissenschaftlichen Nachwuchses.

Distribuieren: Die Gesellschaftsmitglieder erstellen und pflegen eine Online-Database zur Kleinepik, die (dynamisch wachsend) Primärtexte, Metadaten und Einzelbibliographien erfasst und Informationen zu aktuellen Forschungsprojekten bereitstellt. Brevitas fördert darüber hinaus auch die Wissenschaftskommunikation mit der Gesellschaft.

Publizieren: Das regelmäßig erscheinende Online-Periodikum Brevitas – Zeitschrift für Klein­epik veröffentlicht Beiträge der Gesellschaftstagungen und anderweitige innovative Aufsätze zur Kleinepik. Darüber hinaus werden weitere Publikationsprojekte für den wissenschaftlichen und allgemeinen Buchmarkt verfolgt.

 

Gründungsaufruf

Satzung (Download als pdf-Datei)

 

 

 

Projekte zur Kleinepik

Forschungsprojekte, Stellenangebote, Neuerscheinungen, Curiosa etc. zum Bereich der Kleinepik können hier beworben werden. Bitte senden Sie dafür einen möglichst prägnanten Text an den Vorstand von Brevitas, der nach einer Prüfung hier eingestellt wird. Bitte setzen Sie an das Ende Ihres Teasers Kontaktinformationen oder Links zu weiterführenden Informationen hinzu.

Call for Papers: Der Klang (in) der Kleinepik. Brevitas-Workshop in Bamberg, 01.10.–03.10.2025

Die Analyse klanglicher Phänomene in der Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit nimmt in der jüngeren Forschung nicht zuletzt durch Einflüsse aus dem Bereich der Sound Studies breiten Raum ein. Der Reiz der Frage nach Funktion und Bedeutung von Klang in vormodernen Texten liegt im kritischen Abarbeiten an einer doppelten Hypothek der Historisierung und Literarisierung von Klang. Unter Berücksichtigung literarischer Spezifik, antiker und mittelalterlicher Wahrnehmungstheorien und interdisziplinärer Perspektiven konnten hier bereits wichtige Forschungsergebnisse erarbeitet werden.

Bislang weitgehend außerhalb des Fokus der mediävistischen Sound Studies steht allerdings der gesamte Bereich der Kleinepik. Die rhetorisch-formalen und gattungstypologischen Spezifika der Kleinepik lassen freilich vermuten, dass hier ein auch für die Fokussierung akustischer Phänomene durchaus relevantes, sehr umfangreiches Textkorpus vorliegt: Das Ideal der brevitas macht grundsätzlich jedes geschilderte Klangereignis zu einem zentralen Moment, dem Funktion und Bedeutung für den Gesamttext zukommen dürfte. Hinzu kommen kleinepische Spezifika wie Prägnanz, Devianz, Kippfigur, Pointe, Exemplarität und Serialität, deren Interferenzen mit Klängen herausgearbeitet werden sollen.

Vor diesem Hintergrund ergeben sich für das Thema „Der Klang (in) der Kleinepik“ folgende Fragestellungen, die sicherlich erweiterbar sind:

  • Klangliche Spezifika: Welche spezifischen Klänge sind in bestimmten kleinepischen Textreihen dominant? Welche seriellen und intertextuellen Klangmotive prägen die Kleinepik? Welche literarischen Funktionen kommen ihnen zu? Welche Klangphänomene werden  i m  und  d u r c h  den Text greifbar?
  • Semantik: Ob der Schrei in der Märendichtung, der laute Furz im Schwank, der Gesang in der Fabel – Klänge sind in der Kleinepik semantisch denkbar unterschiedlich gefüllt. Welche klanglichen Bedeutungsspektren werden in welchen Textreihen wirkmächtig? Welche Bedeutungspotentiale werden einzelnen Begriffen zugeschrieben? Welche multisensorischen Interferenzen ergeben sich dabei?
  • Interferenzen von Klangereignis und Prägnanz: Wie verhalten sich kleinepische Klangereignisse zu dem für die Kleinepik fundamentalen Phänomen der Prägnanz? Welche Zusammenhänge von Klangereignis und Kippphänomen, Pointe und Exemplarität lassen sich feststellen?
  • Interferenzen von Klangereignis und Devianz: Die gezielte Überschreitung v.a. höfischer und (später) bürgerlicher Grenzen kennzeichnet weite Bereiche der schwankhaften Kleinepik. Inwieweit korreliert diese Tendenz zur (moralischen) Grenzüberschreitung auch mit einer klanglichen Dimension? Welche spezifischen Klänge kennzeichnen Grenzüberschreitungen?
  • Kleinepik als Klangereignis: Prosodie, Metrik, Rhythmik, ggf. Strophik, ggf. Melodie bestimmen die klangliche Dimensionen der Kleinepik selbst. Inwieweit können Aussagen über die Klanglichkeit auf Ebene der Performanz getroffen werden? Welche interpretativen Möglichkeiten ergeben sich aus der klanglichen Anlage der Texte?

Die wissenschaftliche Gesellschaft Brevitas veranstaltet zusammen mit der Professur für Germanistische Mittelalterforschung der Otto-Friedrich-Universität Bamberg vom 1. bis zum 3. Oktober 2025 einen Workshop zu diesem Thema. Geplant ist, Vorträge mit gemeinsamen Arbeits- und Diskussionsrunden zu kombinieren, so dass auch Lektüresessions zu vielversprechenden Primärtexten sowie sektionsübergreifende Round-Table-Gespräche stattfinden können. Entsprechend sind neben Forschungsvorträgen zum Klang in kleinepischen Texten auch Impulsvorträge zu spezifischen Klangphänomenen, speziellen Textgruppen oder Fragestellungen sowie Vorschläge für Lektüresessions und/oder Round Tables willkommen, um eine ergebnisoffene Diskussion zu ermöglichen.

Bitte reichen Sie bis zum 31.10.2024 Vorschläge für einen Forschungsvortrag (30 Minuten), einen Impulsvortrag (10 Minuten) oder Lektüresession bzw. einen Round Table in Form eines maximal einseitigen Abstracts ein oder bekunden Sie Ihr Interesse an einer Teilnahme (Mailadressen der Veranstalter siehe unten). Bitte geben Sie dabei auch deutlich an, für welches Format Sie einen aktiven Beitrag leisten möchten.

Kontakt:

christoph.schanze@uni-bamberg.de

silvan.wagner@uni-bayreuth.de

Gesellschaftstagung „Brüchige Finalität“

Unsere diesjährige Gesellschaftstagung wird vom 29.-31. März 2023 im Tagungszentrum an der Sternwarte in Göttingen stattfinden. Als Veranstalter zeichnen Mareike von Müller und Michael Schwarzbach-Dobson verantwortlich. Inhaltlich zielt die Tagung darauf, die Konzeptionen des poetischen Endes in mittelalterlichen Kurzerzählungen neu zu bestimmen. Dazu werden in erzähl- und kulturhistorischen Ansätzen Fragen der Endlichkeit, des Übergangs und der Absolutheit des Endes thematisiert. 

 

Programm

 

Mittwoch, 29.03.2023

14:00 

Begrüßung & Einführung: Mareike von Müller u. Michael Schwarzbach-Dobson

 

Sektion I – Moderation: Mareike von Müller

14:30

Hartmut Bleumer: Abschied vom Ende. Zum Leben der Form in der ‚Halben Birne‘

15:15 

Christiane Witthöft: Das Ende der Weisheit oder die Weisheit am Ende? Tugendethische Implikationen des ‚Endens‘ (mhd. enden, endelich, endehaft) in der Kleinepik

16:00

Kaffeepause

 

Sektion II – Moderation: Michael Schwarzbach-Dobson

16:30 

Julia Heideklang: Strategien, Funktionen und Transformation des Endes in Sebastian Brants ‚Narrenschiff‘ (1494) durch die Übersetzung ins Lateinische und andere Sprachen

17:15

Hans Jürgen Scheuer: Das Ende der Dinge. MacGuffins im mittelalterlichen Exempel

19:00 

Gemeinsames Abendessen

Donnerstag, 30.03.2023

 

Sektion III – Moderation: Patrizia Barton

09:30

Udo Friedrich: Der Entzug des Sinns. Strategien der Ironisierung in mittelhochdeutschen Exempeln

10:15

Lena Zudrell: Das abgewendete Ende: Kinderopfer und Aussatzheilung in ‚Amicus und Amelius‘-Texten

11:00 

Kaffeepause

 

Sektion IV – Moderation: Nina Nowakowski

11:30 

Coralie Rippl: Der Mensch denkt, Gott lenkt? Das Ende in der religiösen Kleinepik des Mittelalters

12:15 

Julia Weitbrecht: Im Tod vereint: Alternativen des Endes in der religiösen Kleinepik

13:00 

Mittagspause  

 

Sektion V – Moderation: Chong Ji

14:30 

Lorenz Brandtner: Der Sex nach dem Sex. Diskursivierungen von Sexualität nach dem Geschlechtsakt in der Märendichtung

15:15 

Adrian Meyer: Der Anfang vom Ende. Formen der Überleitung zu diskursiven Erzählschlüssen

16:00 

Kaffeepause & Mitgliederversammlung Brevitas

19:00

Abend zur freien Verfügung

Freitag, 31.03.2023

 

Sektion VI – Moderation: Silvan Wagner

09:30 

Franziska Wenzel: Rätseln und Streiten. Finalität in diskursiven Formen der Kleinepik

10:15 

Friedrich Michael Dimpel: Der Weg zum Ende. Linearität und Finalität in der ‚Buhlschaft‘ und bei Rosenplüt

11:00

Kaffeepause

 

Sektion VII – Moderation: Joana Thinius

11:30 

Patrizia Barton: Der Liebestod als Pointe am Beispiel von ‚Pyramus und Thisbe‘

12:15

Silvan Wagner: Die offene Pointe als Falle: Wie die ‚Drei listigen Frauen‘ ihr Publikum foppen 

13:00

Kaffeepause & Abreise

 

Organisation & Kontakt: Mareike von Müller: mareike.mueller-von@phil.uni-goettingen.de & Michael Schwarzbach-Dobson: michael.schwarzbach@uni-koeln.de

 

Tagungsort: Tagungszentrum an der Sternwarte (Nebengebäude der historischen Sternwarte), Großer Seminarraum, Geismar Landstr. 11b, 37083 Göttingen

 

Flyer zur Tagung zum Download als pdf

Hybridedition „Hans Rosenplüt: Weingrüße und Weinsegen“

Mit den (mit großer Wahrscheinlichkeit) auf Hans Rosenplüt zurückgehenden Weingrüßen ist die erste durch Brevitas ideell geförderte Hybridedition einer kleinepischen Textgattung erschienen. Die Druckedition ist über QR-Codes mit den Seiten der digitalen Edition auf www.wiki.brevitas.org verknüpft und bietet damit auch alle Vorteile einer laufend aktualisier- und erweiterbaren Datensammlung. Die Hybridedition stellt das erste von Brevitas ideell und operational geförderte Editionsprojekt dar.

Lehrpreis „Das Buch der natürlichen Weisheit“

Das von Sylvia Jurchen (TU Chemnitz) und Silvan Wagner (Uni Bayreuth) im Sommersemester 2022 veranstaltete Tandemseminar zu Ulrichs von Pottenstein „Buch der natürlichen Weisheit“ wurde am 15.12.2022 mit dem Lehrpreis der TU Chemnitz in der Kategorie „Innovative Lehre“ ausgezeichnet. Das didaktische Lehrkonzept der universitätsübergreifenden Veranstaltung fußt darauf, dass die Studierenden Transkriptionen, Kommentare und bibliographische Angaben zu der bislang unedierten Fabelsammlung direkt in www.wiki.brevitas.org einpflegen.

Anthologie „Man sol mich hubschen luten lesen

Die Anthologie „Man sol mich hubschen luten lesen. Die mittelalterliche Kunst der abstrusen Belehrung“ ist veröffentlicht (Königshausen & Neumann). Unter der Herausgeberschaft von Sylvia Jurchen und Silvan Wagner und mit Förderung des Lehrstuhls für Deutsche Literatur- und Sprachgeschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit der TU Chemnitz sind darin 13 Übertragungen vormoderner, kleinepischer Texte erschienen, die von Mitgliedern der Gesellschaft Brevitas verfasst worden sind. Kleine autobiographische Schlaglichter geben Einblick in die persönliche Beziehung zwischen AutorIn und Text; Kalligrafien von Johann Meierhofer präsentieren jeweils eine zentrale Sentenz oder Moral in Originalsprache. Die Anthologie ist auf ein breites Publikum hin und damit als Beitrag zur third mission konzipiert.

Nasty weather in a nutshell. The function and handling of bad weather in pre-modern short epics

Session im Rahmen des IMC Leeds 2021 am 05.07.2021 (virtuell)

Nasty weather is – in a pre-modern understanding – meaningful, a sort of communication between micro- and macrocosm. This big idea receives a very concise form in German short epics dealing with nasty weather: Similar to a burning lense, pre-modern short epics are telling about the cosmological correspondence between nasty weather, god, and human kind in the smallest spaces. Inconspicuous occurances are meeting the big picture – a fascinating imbalance.

Speaker a)          Alyssa Steiner: „It’s Always Sunny in Narragonia – Meterological Foolishness in Sebastian Brant’s Ship of Fools“

Speaker b)          Silvan Wagner: „Behave yourself in bad weather! The fable „Affe und Esel“ and it’s versions of correspondence between micro- and macrocosmos.“

Speaker c)          Raoul Du Bois: „It’s Raining Again…: Bad Weather in Wernher Schodoler’s (jun.) diary.“

Dunkler Sinn

Dunkler Sinn. Mehrdeutigkeiten und poetische Dunkelheit in mittelhochdeutscher Kleinepik

Call for Papers

Panel auf dem 27. Deutschen Germanistentag (120 Min.): Themenbereich 1: Theoretische und methodische Zugänge, 25.–28. September 2022 an der Universität Paderborn

Konzept und Organisation: Dr. Mareike von Müller (Germanistische Mediävistik, Göttingen; Vorstandsmitglied von Brevitas. Gesellschaft zur Erforschung vormoderner Kleinepik e.V.)

Dunkle Metaphern, lebendige Sprichwörter und verselbstständigte Körperteile gehören zu den Absonderlichkeiten mittelhochdeutscher Kleinepik, deren notorisches Sinnproblem sich ganz wesentlich aus kunstvoll erzeugten Mehrdeutigkeiten speist. Viele Texte geben etwa vor, einen moraldidaktischen (Grubmüller 2006) oder praxeologischen Sinn (Hübner 2012) zu vermitteln, um dann auf inhaltlicher und diskursiver Ebene gezielt Störelemente zu installieren, die der Sinnproduktion entgegenlaufen. Der spezielle Reiz der Texte zeugt dabei allerdings nicht von Chaos oder Sinnlosigkeit (Haug 1993). Ihre ästhetische Eigenart beruht vielmehr auf dem spannungsvollen Gegeneinander sinnstiftender und sinnirritierender Komponenten.

Das Panel möchte Gelegenheit bieten, das wohlkalkulierte Changieren zwischen Sinnhaftigkeit, Mehrdeutigkeit und poetischer Dunkelheit genauer zu konturieren. Dabei wären die Strategien, die diesem Changieren zugrunde liegen, über das Wechselverhältnis von Rhetorik, Narration und Sinnbildung näher zu bestimmen. Die antike Rhetorik kennt Dunkelheit (obscuritas) als Fehler, den es zu vermeiden gilt, der aber in Ausnahmefällen der Dichtung als ornatus auch ästhetischen Zwecken dienen kann (Quintilian). Zugleich zeigen einige Texte Überschneidungen mit den Strategien des modernen Nonsens (Köhler 1989), der ähnlich wie antike Vorstellungen von obscuritas mit der Provokation von Mehrdeutigkeiten operiert. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Engführungen zwischen antiker Rhetorik und moderner Theoriebildung vielversprechend.

Die mhd. Kleinepik modelliert unterschiedliche Spielarten poetischer Dunkelheit auf begrenztem Raum und macht sie in prägnanter Weise anschaulich. Für das Panel werden daher Beiträger*innen gesucht, die das besondere Aufschlusspotential kleinepischer Texte für die Suche nach Strategien poetischer Sinnverdunkelung herausarbeiten. Mögliche thematische Schwerpunkte können a) auf den theoretischen und methodischen Voraussetzungen von Mehrdeutigkeit und Dunkelheit liegen (so wäre etwa zu fragen, wie sich Mehrdeutigkeit und Dunkelheit voneinander unterscheiden lassen, wie die historische Dimension poetischer Dunkelheit profiliert werden kann und welchen spezifischen Herausforderung eine mediävistische Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex begegnen muss), b) die konkreten narrativen und rhetorischen Strategien zur Erzeugung von poetischer Dunkelheit herausarbeiten, welche in kleinepischen Texten Anwendung finden (Serialität, [Anti-]Pointe, dunkle Metaphorik u.a.) oder sich c) genretypischen Differenzen und Analogien widmen (wie wird Dunkelheit im Märe, Schwank, Spruch, Rätsel und der Legende erzeugt? Wo sind Interferenzerscheinungen zu beobachten?). Weitere Themenvorschläge sind sehr willkommen.

Erbeten werden Vorschläge für Vorträge (à 20 Min.) in Form von Abstracts (max. 300 Wörter) sowie eine Kurzbiographie (max. 400 Wörter). Beiträge von Nachwuchswissenschaftler*innen sind ausdrücklich erwünscht. Bitte senden Sie Abstract und CV bis zum 01. Juli 2021 vorzugsweise per Email an Mareike von Müller: mareike.mueller-von@phil.uni-goettingen.de oder mmuelle9@gwdg.de.

Workshop Temporal Communities – 18.-19.03.2021

Onlineworkshop über Zoom

Anmeldung: Bitte via E-Mail an: silvan.wagner@gmx.de

Programm-Flyer als pdf-Datei

Keynote-Vorträge:

  • Hans Jürgen Scheuer: Aus totem Holz ein grüner Trieb. Apokryphe Wege des Spiritualsinns in Kino und vormodernem Exempel am Beispiel von AaTh 763 (Schatzfinder morden einander)
  • Anita Traninger: Like a Rolling Stone: Baustellen und Bausteine von Temporal Communities

Impuls-Vorträge:

  • Martin Sebastian Hammer: »Aber die beste und sicherste Tarnung ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit« Zur ›temporal community‹ symbolischer Macht und (un)verhüllter Evidenz im ›Ritter unter dem Zuber‹ des Jacob Appet
  • Caroline Emmelius: Heiliges Blut und göttlicher Zorn. Die Erzählung von den Spielern von Willisau als Mirakel, Wunderzeichen und Exempel
  • Sina Kobbe: „Aber Lew sich anders bedacht“ (V. 82): Ein Blick auf die anderen Schwankromane
  • Natalie Mlynarski: Überlieferungserfolg durch Hybridität? Eine Analyse ausgewählter Überlieferungsträger des Bruder Rausch-Stoffs
  • Tina Terrahe: Blutsegen und Wurmexorzismen: Heil- und wundersame Kleinstepik mit großer Wirkung
  • Anna Mühlherr: O Maria hilf!
  • Sylvia Jurchen: Als Griffel verschweig ich den Autor. Der ‚Wunderdialog‘ des Caesarius von Heisterbach als gemeinschaftsstiftender Wechselgesang

 

Vormoderne Kleinepik basiert auf Bausteinen, die wesentlich kompakter sind als die aus ihnen zusammengesetzte Erzählung. Sie existieren als Varianten wiedererkennbarer Typen zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten und lassen sich in diachronen Reihen anordnen. So systematisiert, können diese Bausteine analytisch in zweierlei Richtung genutzt werden: Entweder führen sie in ihren Überlieferungskontexten paradigmatisch zu konkreten Gebrauchssituationen zurück. Oder sie können syntagmatisch den Blick auf die jeweiligen Kombinationen von Bausteinen im Wiedererzählen desselben Stoffes lenken und damit auf ganz unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten. Solche Gefüge lassen sich als „temporal communities“ beschreiben. Ihr Potenzial für die kleinen Formen der vormodernen Literatur gilt es im Workshop auszuloten.

Call for Papers: Brevitas-Sektion bei dem IMC 2021

Call for Papers: Brevitas-Sektion bei dem IMC (https://www.imc.leeds.ac.uk/, 5.-8. Juli 2021). Das Dachthema 2021 lautet „Climates“. Wir erbitten Vortragsvorschläge in Englisch oder Deutsch bis zum 15.09.2020 zu folgendem Session-Thema: „Nasty weather in a nutshell: The function and handling of bad weather in pre-modern short epics.“ Wir freuen uns auf zahlreiche inspirierende Vorschläge! Patrizia Barton und Silvan Wagner

Temporal Communities in der vormodernen Kleinepik – Call for action. Workshop 18.-20.3.2021 (Berlin), Frist 31.08.2020

Vormoderne Kleinepik basiert auf Bausteinen, die wesentlich kompakter sind als die aus ihnen zusammengesetzte Erzählung: Motivische Schemata, argumentative Topoi, konsensstiftende Spruchformen oder performative Sprechakte und Gesten treten, sich überlagernd und ineinandergreifend, in einer epischen Einheit zusammen und erlauben zugleich die Zerlegung des Narrativs in nicht-narrative Segmente und Denkfiguren. Jene Bausteine sind nicht als Originale zu begreifen, sondern vielmehr als Fundstücke aus einem Repertoire mobiler sprachlicher Formeln und mentaler Vorstellungen. Sie existieren als Varianten wiedererkennbarer Typen zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten und lassen sich mit Hilfe literaturwissenschaftlicher Repertorien (Motivindizes der Folktale- und Exemplaforschung, Fabelkataloge, Lexika und Handbücher der Gnomik sowie des Sprichwort- und Sentenzengebrauchs) in diachronen Reihen anordnen. 

So systematisiert, können diese Bausteine analytisch in zweierlei Richtung genutzt werden: Entweder führen sie in ihren Überlieferungskontexten paradigmatisch zu konkreten Gebrauchssituationen zurück. Deren Kartierung erlaubt es, anhand der Einbindung eines bestimmten Erzählbausteins in eine konkrete Geschichte aufzudecken, welche latenten Probleme unter dem Mantel des Erzählens durchgearbeitet werden. Oder sie können syntagmatisch den Blick auf die jeweiligen Kombinationen von Bausteinen im Wiedererzählen desselben Stoffes lenken und damit auf ganz unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten, die das angewandte Kalkül im Wiedergebrauch bis zur völligen Inversion seiner Wirkung umwerten können. So wird sichtbar, dass es keine Realisationen gibt, die den Status einer ‚Urszene‘ oder ‚Geburtsstunde‘ beanspruchen könnten; stattdessen handelt es sich bei den Bausteinen kleinepischen Erzählens um narrative Gefüge, die sich an Keimen auskristallisieren, um über ganz heterogene Funktionalisierungen ihr imaginäres, rationales und mnemonisches Muster und dessen Wirkkraft über lange Zeiträume hinweg zu erhalten und für Aktualisierungen zu präparieren.

Solche Gefüge lassen sich als „temporal communities“ beschreiben: Sei es, dass sie sich wie die Warburgschen Pathosformeln als Stoffkomplexe durch die Zeit bewegen, sei es, dass sie in Sammlungen verwandter Formen thesauriert werden – stets geht es ihnen um die Fähigkeit, ihr Überleben zu sichern, sich gegen das Vergessen, gegen materielle Zerstörung, gegen konkurrierende Narrative durchzusetzen, indem sie sich in immer neue Kontexte einschreiben und aus der Spannung von Spruch und Widerspruch ihre Wirkung entfalten.

Entsprechend gehört es zur Aufgabe der Kleinepikforschung, sich über die Analyse von Typenreihen, Variantenbildung, Umschrift- und Umwertungsprozessen Aufschluss über das Potential kleiner Formen zu verschaffen. Das kann nur durch einen komparatistischen Ansatz gelingen: durch vergleichende Lektüren, die über Sprachgrenzen hinweg, transkulturell, transepochal und transdiskursiv angelegt sind. Das Konzept der „temporal communities“, übertragen auf wandernde Stoff- und Motivverbünde, kann hier produktiv gemacht werden und traditionelle Forschungsansätze grundsätzlich revidieren, die nach „sources and analogues“ fragen und Quellen oder Einflüsse im Horizont eines rein linearen Zeit- und Traditionsverständnisses benennen wollen. In diesem Zusammenhang drängen sich eine Reihe von Fragen auf, mit denen sich der Workshop auseinandersetzen soll:

  1. Wo und wie bilden sich jene textuellen ‚temporal communities‘ aus?
  2. Wie lassen sich die divergierenden Aspekte der Gemeinschaftsbildung, ihre textuelle und ihre soziale Dimension, miteinander vermitteln?
  3. Welche Rolle spielt dabei die durchaus problematische, zugleich aber unentrinnbare Dichotomie von Inhalt und Form bzw. diejenige von Text und Kontext?
  4. Welche Rolle spielt die Materialität der Überlieferung bei der Reihenbildung, etwa die Existenz von Sammelhandschriften oder die Konstruktion von Erzählrahmen? Dazu können auch andere, pragmatische Ordnungsdimensionen zählen wie Skriptorien, Bibliotheken, Offizinen oder städtische Gruppen- und Interessenbildung etc.
  5. Wieweit und in welcher Form spiegelt sich auf den unterschiedlichen Ebenen der Reihenbildung ein Bewusstsein veränderter literarischer Optionen und Komplexitäten (etwa in Erzählerkommentaren, Paratexten, Manuskript- oder Druck-Layout, Illustration etc.)?
  6. Welche Bewegungsmuster und Strategien der Proliferation, des Überdauerns oder des „Nachlebens“ lassen sich über die longue durée der Tradition hinweg beschreiben? Gibt es innerhalb solcher Bewegungsmuster Erklärungen für Phasen anhaltender Latenz und plötzlicher Emergenz der genannten kleinepischen Kalküle, Erzählkerne oder Plots?

Im geplanten Workshop, der vom 18.03. bis zum 20.03.2021 an der HU Berlin stattfinden soll, gilt es, diese Fragenkomplexe an konkreten Beispielen zu diskutieren, damit die kleinepischen ‚temporal communities‘ auf induktivem Wege fassbar und beschreibbar gemacht werden. Der Workshop bringt nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ganz unterschiedlicher Literatur- und Kulturkreise zusammen, sondern verfolgt auch das Ziel, mit der wissenschaftlichen Gesellschaft ‚Brevitas‘ und dem Graduiertenkolleg ‚Literatur- und Wissensgeschichte kleiner Formen‘ der HU Berlin zwei junge Institutionen zur Erforschung der Kleinepik zusammenzuführen und nachhaltige Forschungskooperationen gerade für den wissenschaftlichen Nachwuchs vorzubereiten. Der Workshop findet in Kooperation mit dem Exzellenzcluster der FU Berlin ‘Temporal Communities’ im Rahmen der Berliner University Alliance statt.

Der Workshop dient zudem der Vorbereitung des zweiten Bandes der Schriftenreihe ‚Brevitas‘, die als Sonderreihe der BmE lanciert ist. Zu diesem Zweck bitten wir Mitglieder von ‚Brevitas‘, des Exzellenzclusters ‚Temporal Communities‘ und auch nicht-assoziierte Interessentinnen und Interessenten um die Einsendung eines Abstracts für einen Beitrag im Band ‚‚Temporal Communities‘ in der vormodernen Kleinepik‘. Diese Abstracts werden den Teilnehmenden des Workshops zugänglich gemacht und dienen – neben ausgewählten Primär- und Sekundärtexten – als gemeinsame Diskussionsgrundlage. Auf ihrer Basis erfolgt wiederum eine Auswahl, die in 10-minütigen Impulsvorträgen für den Workshop ausgeformt und dort ausführlich diskutiert werden. Ziel des Workshops ist es, in der gemeinsamen Arbeit an den Fragestellungen des Calls und den diversen Ansätzen der Abstracts einen Sammelband zu kleinepischen ‚Temporal Communities‘ vorzubereiten, der sich auf diesem Wege durch eine größere thematische Kohärenz auszeichnen soll, als dies bei einem herkömmlichen Tagungsformat der Fall sein könnte. Besonders möchten wir zu fächerübergreifenden Koautorschaften aufrufen, um die für das Thema wichtige transdisziplinäre Expertise zu fördern.

 

Bitte reichen Sie bei Interesse bis zum 31.08.2020 (verlängerte Frist) folgende Unterlagen ein (Silvan.Wagner@uni-bayreuth.de):

  • Ein Abstract für einen wissenschaftlichen Aufsatz zu einer Textreihe aus dem Bereich der vormodernen Kleinepik (max. eine Seite)
  • Ein Datenblatt zur verwendeten Primärtextbasis, das folgende Fragen möglichst prägnant beantwortet:
    • Welche Texte bilden die Textreihe?
    • Auf welcher Ebene findet die Reihenbildung statt; inwiefern ist die Primärtextbasis eine Reihe?
    • Was ist das eigene Forschungsinteresse, das an diese Textreihe angesetzt wird?

Die Struktur des Datenblatts ist zugleich ein Gliederungsvorschlag für die 10-minütigen Impulsvorträge. Nach Möglichkeit sollen für die ausgewählten Vortragsdiskussionen auch die jeweiligen Textreihen allen Workshopteilnehmenden zur Verfügung gestellt werden.

Reise- und Übernachtungskosten der Beitragenden werden übernommen.