Die wissenschaftliche Gesellschaft Brevitas (e.V.) wurde 2018 gegründet und widmet sich der Erforschung vormoderner Klein­epik. ‚Kleinepik‘ wird dabei als Dachbezeichnung vormoderner Texte verstanden, die sich durch relative Kürze, Prägnanz und die Möglichkeit einer Gesamtrezeption am Stück (etwa einer einzelnen Aufführung, eines einzelnen Leseaktes) auszeichnen. Viele dieser Texte sind inhaltlich im Spannungsfeld zwischen schimpf und ernst angesiedelt. Kleinepik subsumiert entsprechend divergente Textgruppen wie Mären, Bispeln, Schwänke, Wundererzählungen, Legenden, aber auch eher diskursive Formen wie Minnereden, geistliche Bispelreden, Rätsel, Streitgespräche, Sprichwörter etc. Dabei ergeben sich vornehmlich folgende Aktionsräume für Brevitas:

Impulse geben: Regelmäßige Gesellschaft-Tagungen konturieren der Gegenstandsbereich ‚Kleinepik‘ und schaffen neue interpretative Zugänge, die auch auf andere Gegenstandsbereiche der Forschung übertragen werden können. Entsprechend werden auch gezielt Forschungsinitiativen mit einem breiten gegenständlichen wie methodischen Fokus ideell unterstützt.

Vernetzen: Brevitas vernetzt aktuelle Projekte zur Kleinepik, vermittelt Spezialistenwissen und fördert den internationalen und interdisziplinären Austausch. Ein besonderes Augenmerk liegt auch auf der Vernetzung von Forschung und Lehre und auf der Gewinnung wissenschaftlichen Nachwuchses.

Distribuieren: Die Gesellschaftsmitglieder erstellen und pflegen eine Online-Database zur Kleinepik, die (dynamisch wachsend) Primärtexte, Metadaten und Einzelbibliographien erfasst und Informationen zu aktuellen Forschungsprojekten bereitstellt. Brevitas fördert darüber hinaus auch die Wissenschaftskommunikation mit der Gesellschaft.

Publizieren: Das regelmäßig erscheinende Online-Periodikum Brevitas – Zeitschrift für Klein­epik veröffentlicht Beiträge der Gesellschaftstagungen und anderweitige innovative Aufsätze zur Kleinepik. Darüber hinaus werden weitere Publikationsprojekte für den wissenschaftlichen und allgemeinen Buchmarkt verfolgt.

 

Gründungsaufruf

Satzung (Download als pdf-Datei)

 

 

 

Projekte zur Kleinepik

Forschungsprojekte, Stellenangebote, Neuerscheinungen, Curiosa etc. zum Bereich der Kleinepik können hier beworben werden. Bitte senden Sie dafür einen möglichst prägnanten Text an den Vorstand von Brevitas, der nach einer Prüfung hier eingestellt wird. Bitte setzen Sie an das Ende Ihres Teasers Kontaktinformationen oder Links zu weiterführenden Informationen hinzu.

»Unerhörtes Mittelalter – vormoderne Erzählungen (und warum man sie unbedingt kennen sollte)« – Katharina Philipowski & Franziska Wenzel

Mit den bisher erschienenen fünf Bänden der Deutschen Versnovellistik des 13.–15. Jahrhunderts (kurz: DVN) liegt endlich eine allen wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Edition von 175 Versnovellen (kurzen mittelhochdeutschen Erzählungen) vor, die zum größten Teil bisher sogar innerhalb der Germanistischen Mediävistik unbekannt waren. Ein von Prof. Dr. Franziska Wenzel (Universität Frankfurt a. M.) und Prof. Dr. Katharina Philipowski (Universität Potsdam) seit Herbst 2023 durchgeführtes DFG-Projekt setzt es sich zum Ziel, 60 davon für ein studentisches und nicht-akademisches Publikum ins Neuhochdeutsche zu übersetzen und durch einen motiv- und kulturgeschichtlichen sowie literatur- und gattungsgeschichtlichen Kommentar ausführlich und eingehend zu erschließen.

Damit soll der Transfer dessen, was die DVN-Edition in hoher philologischer Qualität bereitstellt, in den akademischen Unterricht und für die Rezeption jenseits der Altgermanistik ermöglicht werden. Um diese gewaltige Herausforderung angemessen bewältigen zu können, haben wir erfahrene und ausgewiesene Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Germanistischen Mediävistik dazu eingeladen, jeweils eine der Erzählungen zu übersetzen und zu kommentieren.

            Ein weiterer Arbeitsschritt, der dazu verhelfen soll, die Ergebnisse des Projekts noch stärker den neuen Rezeptionsgewohnheiten (insbesondere jüngerer Menschen) anzupassen und darüber hinaus eine breitere Öffentlichkeit für die bearbeiteten Erzählungen zu erschließen, ist mit der Erstellung von zwölf Podcasts vorgesehen, die ebenso informativ wie unterhaltsam sein sollen. Eine Einführungsfolge erschließt Ziel, Anliegen und Aufbau des Podcastprojekts. Die einzelnen Folgen sind dann jeweils einer einzelnen Versnovelle gewidmet und setzen sich jeweils aus zwei Elementen zusammen. Eine 10-15minütige Zusammenfassung vermittelt den Inhalt der jeweilige Versnovelle. Daran schließt sich ein Interview mit der Bearbeiterin, bzw. dem Bearbeiter des Textes an, der sich der Versnovelle im Rahmen des Übersetzungs- und Kommentierungsprojektes angenommen hat. Thema des Interviews sind z. B. Besonderheiten hinsichtlich der verwendeten Erzählmotive (konventionelle oder unkonventionelle Geschlechterrollen, listig eingefädelter Ehebruch, Marienwunder, Identitätsverlust bis hin zur Freude am Bösen) und der Figuren- und Konfliktkonstellationen sowie Erzählstrukturen (Steigerung, Wiederholung, Verkehrung, unzuverlässiges Erzählen etc.). Für einzelne Versnovellen ist darüber hinaus aber auch zu diskutieren, aus welcher (kritischen) Haltung heraus eine Auseinandersetzung mit ihnen erfolgen sollte: Wie und wozu muten wir uns als Forschenden und unseren Studierenden (mutmaßlich) misogyne, obszöne und brutale Erzählungen zu? Welchen Gewinn können wir aus einer Auseinandersetzung mit ihnen ziehen? Wie weit kann und sollte unser Entgegenkommen ihnen gegenüber und eine historische Kontextualisierung reichen?          Angesprochen werden sollen so vor allem zwei Zielgruppen: Studierende können sich anhand der Podcasts mit den jeweiligen Erzählungen (auch für den akademischen Unterricht) vertraut machen und erhalten die wesentlichen Informationen, die eine (literatur-)geschichtliche, gattungstypologische und kulturhistorische Einordnung des jeweiligen Textes ermöglichen. Aber auch ein außerakademisches Publikum kann über die Podcasts niedrigschwellig und unterhaltsam Zugang zu Formen des mittelalterlichen Erzählens erhalten.

 

Die Podcasts sind verfügbar

auf Spotify: https://open.spotify.com/show/2EqZKzKjiXnwUALceosD66?si=92bb84d07d50480d

Podcaster.de: https://www.podcast.de/podcast/3582518/unerhoertes-mittelalter-vormoderne-erzaehlungen-und-warum-man-sie-unbedingt-kennen-sollte

Instagram: https://www.instagram.com/unerhoertes_mittelalter/

sowie hier:

https://www.uni-potsdam.de/de/mediaevistik/professur/prof-dr-katharina-philipowski/projekte/podcast-unerhoertes-mittelalter 

und hier:

https://www.uni-frankfurt.de/97297114/Forschung

https://www.uni-frankfurt.de/97296690/FB_10___ÄDL___Aktuelles

 

Wir wünschen gute Unterhaltung und freuen uns sehr über Rückmeldungen unter:

unerhoertes.mittelalter@gmail.com

Übersicht Podcasts

 

Nr.

Titel

Interview mit:

0

PILOTFOLGE

Franziska Wenzel & Katharina Philipowski

1

Ruprecht von Würzburg: Die Treueprobe

Franziska Wenzel & Katharina Philipowski

2

Die Jüdin und der Priester

Cornelia Herberichs/Hans-Jochen Schiewer

3

Siegfried der Dorfer: Frauentrost

Nina Nowakowski

4

Rüdiger von Munre: Studentenabenteuer B

Judith Klinger

5

Der Rosendorn

Harald Haferland/Judith Klinger

6

Tor Hunor

Elke Koch

7

Sibote: Frauenerziehung

Judith Klinger, Andrea Sieber

8

Der Striegel

Kathrin Bleuler

9

Der Wirt

Stephan Müller/Astrid Lembke

10

Die Rittertreue

Christian Schneider

11

Der Ritter und der Teufel

Andreas Hammer

12

Mönch Felix

Mareike von Müller

 

 

DFG-Projekt »Novellistik des 13.–15. Jahrhunderts. Textauswahl, Übersetzung und Kommentar« (Katharina Philipowski & Franziska Wenzel)

Die Forschung zur Versnovellistik ist mit der rezenten sechsbändigen Ausgabe »Die Deutsche Versnovellistik des 13.–15. Jahrhunderts« (erschienen seit 2020) in eine neue, noch weithin offene vielversprechende Phase getreten. Für einen möglichst breiten, auch studentischen Kreis von Nutzerinnen und Nutzern möchten wir der nunmehr verfügbaren Materialfülle eine Übersetzung von insgesamt 60 ausgewählten Texten mit jeweils einem Kommentar zur Seite stellen, die im Schwabe Verlag erscheinen werden. Für die Übersetzung und Kommentierung haben wir Kolleginnen und Kollegen aus der Germanistischen Mediävistik gewonnen, die sich durch ihre Forschungsschwerpunkte für die Übernahme (meist) jeweils eines Textes besonders empfehlen.

            Das Projekt sieht sich dem Ziel verpflichtet, Versnovellen für ein studentisches und außerakademisches Publikum zugänglicher zu machen. Zum einen laden wir deshalb die jeweiligen Bearbeiterinnen und Bearbeiter der Versnovellen dazu ein, die Editionstexte gegenüber der handschriftennahen Edition in den DVN behutsam anzugleichen, um so die Lesbarkeit für Studierende zu erhöhen. Wir machen in dieser Hinsicht allerdings keine verbindlichen Vorgaben, weil die Frage von Eingriffen in Editionstexte grundsätzliche philologische Positionen berührt. Das zweite Ziel ist die Übersetzung. Übersetzungen dienen im akademischen Unterricht als Vergleichsfolie für eigene Übersetzungen. Die im Rahmen des Projektes angefertigten Übersetzungen sollen die Übersetzungstätigkeit im akademischen Unterricht nicht erübrigen, sondern Anregungen für den Austausch über Übersetzungsmöglichkeiten ebenso liefern wie über die Deutungen, die jeder Übersetzung immer schon zugrunde liegen. Deswegen macht das Projekt bewusst ein breites Spektrum an Übersetzungsmöglichkeiten sichtbar: Neben der zeilengenauen auch die Prosaübersetzung und die Reimübersetzung. Übersetzungen sind aber auch der einzige Zugang für jene, die entweder jenseits der Altgermanistik oder außerhalb des akademischen Umfelds Interesse an den Versnovellen haben. Aufgrund ihrer thematischen und motivischen Breite, die ein ganzes Spektrum von Ehelehren, Marienmirakeln, Teufelserzählungen, geistlichen Exempeln und Schwänken umfassen, ist es besonders erwartbar, dass die Versnovellen auf das rege Interesse benachbarter Fächer, etwa anderssprachiger Philologien, der Religionsgeschichte, Kulturwissenschaft, Geschlechterforschung oder Kunstgeschichte stoßen. Eine Übersetzung ins Neuhochdeutsche scheint hier in besonderer Weise geboten und sinnvoll.

            Der Kommentar soll gattungs- und motivgeschichtliches sowie (kultur)historisches Hintergrundwissen bereitstellen, über das Studierende in aller Regel noch nicht verfügen. Er soll so den Zugang zum Text und die Arbeit an der eigenen Interpretation des Primärtextes erleichtern. Da die Überlieferung und sprachgeschichtliche Besonderheiten von der vorliegenden DVN-Edition ebenso umfassend aufgearbeitet sind wie die mutmaßliche Entstehung des Textes und die zu jeder Versnovelle vorliegende Forschung, können sich die Kommentare, die im Rahmen des Projektes entstehen sollen, auf das konzentrieren, was zu leisten die Edition keine Möglichkeit hatte: Die ausführliche und eingehende literar- und kulturhistorische sowie diskurs-, gattungs- und motivgeschichtliche Erschließung der jeweiligen Texte, wobei die Schwerpunktsetzung für die Kommentararbeit jeweils der einzelne Text mit seiner Spezifik u.a. als Marienmirakel, Ehebruchsschwank oder Exempelerzählung vorgibt. Eine Veröffentlichung ist für Winter 2026 geplant.

 

 

Textauswahl und Bearbeiterinnen/Bearbeiter

Nr.

Bd.

Leit-Hs

DVN-Nr.

Titel

BearbeiterInnen

1

Bd. 1/1

W

1

Der betrogene Blinde I

Franz-Josef Holznagel

2

 

 

7

Der milde König

Franz-Josef Holznagel

3

 

 

10

Der kahle Ritter

Franz-Josef Holznagel

4

 

 

12

Der Liebhaber im Bade

Franz-Josef Holznagel

5

 

 

16

Vom Geiz

Franz-Josef Holznagel

6

 

M10

19

Unser Frauen Ritter

Beatrice Trinca

7

 

 

20

Die zwei Beichten A

Jan Mohr

8

 

H/K

21

Thomas von Kandelberg

Nina Nowakowski

9

 

 

23

Siegfried der Dorfer: Frauentrost

Nina Nowakowski

10

 

 

25

Der Freudenleere: Der Wiener Meerfahrt

Norbert Kössinger

11

 

 

26

Das Frauenturnier

Martin Baisch

12

 

 

28

Mönch Felix I

Caroline Emmelius

 

 

 

29

Der Herrgottschnitzer

Carlotta Posth

13

 

 

30

Frauenlist

Claudia Lauer

14

 

 

31

Des Hundes Not

Hans-Jürgen Scheuer

 

 

 

32

Der Reiher

 

15

Bd. 1/2

H/K

39

Adam und Eva

Michael Waltenberger

16

 

 

40

Der Bergmann

Christina Lechtermann

17

 

 

42

Der König im Bad

 

18

 

 

45

Sibote: Frauenerziehung

Elisabeth Schmid

19

 

 

48

Bestraftes Misstrauen

Dorothea Klein

20

 

 

50

Das Almosen

Gesine Mierke

21

 

 

51

Rittertreue (Der dankbare Wiedergänger)

Christian Schneider

22

 

 

52

Volrat: Die alte Mutter

Florian Kragl

23

Bd. 2

S

60

Das Kerbelkraut

Andrea Sieber

24

 

B

67

Alexander und Anteloie

Justin Vollmann

25

 

K2

70

Rüdeger von Munre: Studentenabenteuer B

Judith Klinger

26

 

e

74

Der Wirt

Stephan Müller/Astrid Lembke

27

 

p

77

Schampiflor

Margit Dahm

28

 

f

78

Die zwei Maler

Henrike Manuwald

29

Bd. 3

w

81

Hermann Fressant: Der HellerwertWitz

Maximilian Benz

 

 

 

86

Die Wette

Klaus Kipf

30

 

 

90

Tor Hunor

Elke Koch

31

 

 

93

Der schwangere Müller

Sandra Linden

32

 

 

94

Ruschart: Der Minne Klaffer

Silvan Wagner

33

 

 

95

Der Striegel

Kathrin Bleuler

34

 

 

97

Der Württemberger

Susanne Reichlin

35

 

g1

98

Ruprecht von Würzburg: Die Treueprobe

Katharina Philipowski/Franziska Wenzel

36

 

b5

99

Liebeswerbung

Harald Haferland

37

 

 

100

Schondach: Die Königin von Frankreich

Julia Zimmermann/Holger Runow

38

 

 

101

Die Nachtigall A

Jutta Eming

39

 

 

102

Von eime trunken buoben

Manuel Braun/Matthias Kirchhoff

40

 

f1

103

Hans Ehrenbloß: Der hohle Baum B

Julia Frick

41

 

D6

105

Der blinde Hausfreund

Heike Sahm

42

 

d6

110

Der Herr mit den vier Frauen

Manuel Braun

43

 

m

112

Der Schüler zu Paris C

Björn Reich

44

 

h10

116

Augustijn: Der Herzog von Braunschweig

Horst Brunner

45

 

Druck: 1

123

Ritter Gottfried

Sandra Linden

46

 

Druck: Ste

124

Bruder Rausch

Tobias Bulang/Natalie Mlynarski-Jung

47

Bd. 4

1

133

Minnedurst

Christoph Fasbender

48

 

 

134

Heinz der Kellner: Konni

Sabine Griese

49

 

 

145

Der arme Konrad: Frau Metze

Sarina Tschachtli

50

 

 

148

Der unentwegte Liebhaber

Ludger Lieb/Mirna Kjorveziroska

51

 

 

150

Ehrenfreund: Der Ritter und Maria

Christoph Schanze

52

 

 

152

Der Ritter und der Teufel

Andreas Hammer

53

 

 

153

Die Bauernhochzeit

Horst Brunner

54

 

k

157

Der arme Ritter

Elke Koch

55

 

 

160

Heinrich von Pforzen: Der Pfaffe in der Reuse

Mareike von Müller

56

 

 

163

Die Jüdin und der Priester

Cornelia Herberichs/Hans-Jochen Schiewer

57

 

 

165

Der Pfaffe mit der Schnur A

Christine Putzo

58

 

 

172

Der Teufel und der Maler

Nathanael Busch

59

 

 

173

Die treue Magd

Dorothea Klein

60

 

M17

175

Der Rosendorn

Harald Haferland

 

 

Call for Papers: Der Klang (in) der Kleinepik. Brevitas-Workshop in Bamberg, 01.10.–03.10.2025

Die Analyse klanglicher Phänomene in der Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit nimmt in der jüngeren Forschung nicht zuletzt durch Einflüsse aus dem Bereich der Sound Studies breiten Raum ein. Der Reiz der Frage nach Funktion und Bedeutung von Klang in vormodernen Texten liegt im kritischen Abarbeiten an einer doppelten Hypothek der Historisierung und Literarisierung von Klang. Unter Berücksichtigung literarischer Spezifik, antiker und mittelalterlicher Wahrnehmungstheorien und interdisziplinärer Perspektiven konnten hier bereits wichtige Forschungsergebnisse erarbeitet werden.

Bislang weitgehend außerhalb des Fokus der mediävistischen Sound Studies steht allerdings der gesamte Bereich der Kleinepik. Die rhetorisch-formalen und gattungstypologischen Spezifika der Kleinepik lassen freilich vermuten, dass hier ein auch für die Fokussierung akustischer Phänomene durchaus relevantes, sehr umfangreiches Textkorpus vorliegt: Das Ideal der brevitas macht grundsätzlich jedes geschilderte Klangereignis zu einem zentralen Moment, dem Funktion und Bedeutung für den Gesamttext zukommen dürfte. Hinzu kommen kleinepische Spezifika wie Prägnanz, Devianz, Kippfigur, Pointe, Exemplarität und Serialität, deren Interferenzen mit Klängen herausgearbeitet werden sollen.

Vor diesem Hintergrund ergeben sich für das Thema „Der Klang (in) der Kleinepik“ folgende Fragestellungen, die sicherlich erweiterbar sind:

  • Klangliche Spezifika: Welche spezifischen Klänge sind in bestimmten kleinepischen Textreihen dominant? Welche seriellen und intertextuellen Klangmotive prägen die Kleinepik? Welche literarischen Funktionen kommen ihnen zu? Welche Klangphänomene werden  i m  und  d u r c h  den Text greifbar?
  • Semantik: Ob der Schrei in der Märendichtung, der laute Furz im Schwank, der Gesang in der Fabel – Klänge sind in der Kleinepik semantisch denkbar unterschiedlich gefüllt. Welche klanglichen Bedeutungsspektren werden in welchen Textreihen wirkmächtig? Welche Bedeutungspotentiale werden einzelnen Begriffen zugeschrieben? Welche multisensorischen Interferenzen ergeben sich dabei?
  • Interferenzen von Klangereignis und Prägnanz: Wie verhalten sich kleinepische Klangereignisse zu dem für die Kleinepik fundamentalen Phänomen der Prägnanz? Welche Zusammenhänge von Klangereignis und Kippphänomen, Pointe und Exemplarität lassen sich feststellen?
  • Interferenzen von Klangereignis und Devianz: Die gezielte Überschreitung v.a. höfischer und (später) bürgerlicher Grenzen kennzeichnet weite Bereiche der schwankhaften Kleinepik. Inwieweit korreliert diese Tendenz zur (moralischen) Grenzüberschreitung auch mit einer klanglichen Dimension? Welche spezifischen Klänge kennzeichnen Grenzüberschreitungen?
  • Kleinepik als Klangereignis: Prosodie, Metrik, Rhythmik, ggf. Strophik, ggf. Melodie bestimmen die klangliche Dimensionen der Kleinepik selbst. Inwieweit können Aussagen über die Klanglichkeit auf Ebene der Performanz getroffen werden? Welche interpretativen Möglichkeiten ergeben sich aus der klanglichen Anlage der Texte?

Die wissenschaftliche Gesellschaft Brevitas veranstaltet zusammen mit der Professur für Germanistische Mittelalterforschung der Otto-Friedrich-Universität Bamberg vom 1. bis zum 3. Oktober 2025 einen Workshop zu diesem Thema. Geplant ist, Vorträge mit gemeinsamen Arbeits- und Diskussionsrunden zu kombinieren, so dass auch Lektüresessions zu vielversprechenden Primärtexten sowie sektionsübergreifende Round-Table-Gespräche stattfinden können. Entsprechend sind neben Forschungsvorträgen zum Klang in kleinepischen Texten auch Impulsvorträge zu spezifischen Klangphänomenen, speziellen Textgruppen oder Fragestellungen sowie Vorschläge für Lektüresessions und/oder Round Tables willkommen, um eine ergebnisoffene Diskussion zu ermöglichen.

Bitte reichen Sie bis zum 31.10.2024 Vorschläge für einen Forschungsvortrag (30 Minuten), einen Impulsvortrag (10 Minuten) oder Lektüresession bzw. einen Round Table in Form eines maximal einseitigen Abstracts ein oder bekunden Sie Ihr Interesse an einer Teilnahme (Mailadressen der Veranstalter siehe unten). Bitte geben Sie dabei auch deutlich an, für welches Format Sie einen aktiven Beitrag leisten möchten.

Kontakt:

christoph.schanze@uni-bamberg.de

silvan.wagner@uni-bayreuth.de

Gesellschaftstagung „Brüchige Finalität“

Unsere diesjährige Gesellschaftstagung wird vom 29.-31. März 2023 im Tagungszentrum an der Sternwarte in Göttingen stattfinden. Als Veranstalter zeichnen Mareike von Müller und Michael Schwarzbach-Dobson verantwortlich. Inhaltlich zielt die Tagung darauf, die Konzeptionen des poetischen Endes in mittelalterlichen Kurzerzählungen neu zu bestimmen. Dazu werden in erzähl- und kulturhistorischen Ansätzen Fragen der Endlichkeit, des Übergangs und der Absolutheit des Endes thematisiert. 

 

Programm

 

Mittwoch, 29.03.2023

14:00 

Begrüßung & Einführung: Mareike von Müller u. Michael Schwarzbach-Dobson

 

Sektion I – Moderation: Mareike von Müller

14:30

Hartmut Bleumer: Abschied vom Ende. Zum Leben der Form in der ‚Halben Birne‘

15:15 

Christiane Witthöft: Das Ende der Weisheit oder die Weisheit am Ende? Tugendethische Implikationen des ‚Endens‘ (mhd. enden, endelich, endehaft) in der Kleinepik

16:00

Kaffeepause

 

Sektion II – Moderation: Michael Schwarzbach-Dobson

16:30 

Julia Heideklang: Strategien, Funktionen und Transformation des Endes in Sebastian Brants ‚Narrenschiff‘ (1494) durch die Übersetzung ins Lateinische und andere Sprachen

17:15

Hans Jürgen Scheuer: Das Ende der Dinge. MacGuffins im mittelalterlichen Exempel

19:00 

Gemeinsames Abendessen

Donnerstag, 30.03.2023

 

Sektion III – Moderation: Patrizia Barton

09:30

Udo Friedrich: Der Entzug des Sinns. Strategien der Ironisierung in mittelhochdeutschen Exempeln

10:15

Lena Zudrell: Das abgewendete Ende: Kinderopfer und Aussatzheilung in ‚Amicus und Amelius‘-Texten

11:00 

Kaffeepause

 

Sektion IV – Moderation: Nina Nowakowski

11:30 

Coralie Rippl: Der Mensch denkt, Gott lenkt? Das Ende in der religiösen Kleinepik des Mittelalters

12:15 

Julia Weitbrecht: Im Tod vereint: Alternativen des Endes in der religiösen Kleinepik

13:00 

Mittagspause  

 

Sektion V – Moderation: Chong Ji

14:30 

Lorenz Brandtner: Der Sex nach dem Sex. Diskursivierungen von Sexualität nach dem Geschlechtsakt in der Märendichtung

15:15 

Adrian Meyer: Der Anfang vom Ende. Formen der Überleitung zu diskursiven Erzählschlüssen

16:00 

Kaffeepause & Mitgliederversammlung Brevitas

19:00

Abend zur freien Verfügung

Freitag, 31.03.2023

 

Sektion VI – Moderation: Silvan Wagner

09:30 

Franziska Wenzel: Rätseln und Streiten. Finalität in diskursiven Formen der Kleinepik

10:15 

Friedrich Michael Dimpel: Der Weg zum Ende. Linearität und Finalität in der ‚Buhlschaft‘ und bei Rosenplüt

11:00

Kaffeepause

 

Sektion VII – Moderation: Joana Thinius

11:30 

Patrizia Barton: Der Liebestod als Pointe am Beispiel von ‚Pyramus und Thisbe‘

12:15

Silvan Wagner: Die offene Pointe als Falle: Wie die ‚Drei listigen Frauen‘ ihr Publikum foppen 

13:00

Kaffeepause & Abreise

 

Organisation & Kontakt: Mareike von Müller: mareike.mueller-von@phil.uni-goettingen.de & Michael Schwarzbach-Dobson: michael.schwarzbach@uni-koeln.de

 

Tagungsort: Tagungszentrum an der Sternwarte (Nebengebäude der historischen Sternwarte), Großer Seminarraum, Geismar Landstr. 11b, 37083 Göttingen

 

Flyer zur Tagung zum Download als pdf

Hybridedition „Hans Rosenplüt: Weingrüße und Weinsegen“

Mit den (mit großer Wahrscheinlichkeit) auf Hans Rosenplüt zurückgehenden Weingrüßen ist die erste durch Brevitas ideell geförderte Hybridedition einer kleinepischen Textgattung erschienen. Die Druckedition ist über QR-Codes mit den Seiten der digitalen Edition auf www.wiki.brevitas.org verknüpft und bietet damit auch alle Vorteile einer laufend aktualisier- und erweiterbaren Datensammlung. Die Hybridedition stellt das erste von Brevitas ideell und operational geförderte Editionsprojekt dar.

Lehrpreis „Das Buch der natürlichen Weisheit“

Das von Sylvia Jurchen (TU Chemnitz) und Silvan Wagner (Uni Bayreuth) im Sommersemester 2022 veranstaltete Tandemseminar zu Ulrichs von Pottenstein „Buch der natürlichen Weisheit“ wurde am 15.12.2022 mit dem Lehrpreis der TU Chemnitz in der Kategorie „Innovative Lehre“ ausgezeichnet. Das didaktische Lehrkonzept der universitätsübergreifenden Veranstaltung fußt darauf, dass die Studierenden Transkriptionen, Kommentare und bibliographische Angaben zu der bislang unedierten Fabelsammlung direkt in www.wiki.brevitas.org einpflegen.

Anthologie „Man sol mich hubschen luten lesen

Die Anthologie „Man sol mich hubschen luten lesen. Die mittelalterliche Kunst der abstrusen Belehrung“ ist veröffentlicht (Königshausen & Neumann). Unter der Herausgeberschaft von Sylvia Jurchen und Silvan Wagner und mit Förderung des Lehrstuhls für Deutsche Literatur- und Sprachgeschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit der TU Chemnitz sind darin 13 Übertragungen vormoderner, kleinepischer Texte erschienen, die von Mitgliedern der Gesellschaft Brevitas verfasst worden sind. Kleine autobiographische Schlaglichter geben Einblick in die persönliche Beziehung zwischen AutorIn und Text; Kalligrafien von Johann Meierhofer präsentieren jeweils eine zentrale Sentenz oder Moral in Originalsprache. Die Anthologie ist auf ein breites Publikum hin und damit als Beitrag zur third mission konzipiert.

Nasty weather in a nutshell. The function and handling of bad weather in pre-modern short epics

Session im Rahmen des IMC Leeds 2021 am 05.07.2021 (virtuell)

Nasty weather is – in a pre-modern understanding – meaningful, a sort of communication between micro- and macrocosm. This big idea receives a very concise form in German short epics dealing with nasty weather: Similar to a burning lense, pre-modern short epics are telling about the cosmological correspondence between nasty weather, god, and human kind in the smallest spaces. Inconspicuous occurances are meeting the big picture – a fascinating imbalance.

Speaker a)          Alyssa Steiner: „It’s Always Sunny in Narragonia – Meterological Foolishness in Sebastian Brant’s Ship of Fools“

Speaker b)          Silvan Wagner: „Behave yourself in bad weather! The fable „Affe und Esel“ and it’s versions of correspondence between micro- and macrocosmos.“

Speaker c)          Raoul Du Bois: „It’s Raining Again…: Bad Weather in Wernher Schodoler’s (jun.) diary.“

Dunkler Sinn

Dunkler Sinn. Mehrdeutigkeiten und poetische Dunkelheit in mittelhochdeutscher Kleinepik

Call for Papers

Panel auf dem 27. Deutschen Germanistentag (120 Min.): Themenbereich 1: Theoretische und methodische Zugänge, 25.–28. September 2022 an der Universität Paderborn

Konzept und Organisation: Dr. Mareike von Müller (Germanistische Mediävistik, Göttingen; Vorstandsmitglied von Brevitas. Gesellschaft zur Erforschung vormoderner Kleinepik e.V.)

Dunkle Metaphern, lebendige Sprichwörter und verselbstständigte Körperteile gehören zu den Absonderlichkeiten mittelhochdeutscher Kleinepik, deren notorisches Sinnproblem sich ganz wesentlich aus kunstvoll erzeugten Mehrdeutigkeiten speist. Viele Texte geben etwa vor, einen moraldidaktischen (Grubmüller 2006) oder praxeologischen Sinn (Hübner 2012) zu vermitteln, um dann auf inhaltlicher und diskursiver Ebene gezielt Störelemente zu installieren, die der Sinnproduktion entgegenlaufen. Der spezielle Reiz der Texte zeugt dabei allerdings nicht von Chaos oder Sinnlosigkeit (Haug 1993). Ihre ästhetische Eigenart beruht vielmehr auf dem spannungsvollen Gegeneinander sinnstiftender und sinnirritierender Komponenten.

Das Panel möchte Gelegenheit bieten, das wohlkalkulierte Changieren zwischen Sinnhaftigkeit, Mehrdeutigkeit und poetischer Dunkelheit genauer zu konturieren. Dabei wären die Strategien, die diesem Changieren zugrunde liegen, über das Wechselverhältnis von Rhetorik, Narration und Sinnbildung näher zu bestimmen. Die antike Rhetorik kennt Dunkelheit (obscuritas) als Fehler, den es zu vermeiden gilt, der aber in Ausnahmefällen der Dichtung als ornatus auch ästhetischen Zwecken dienen kann (Quintilian). Zugleich zeigen einige Texte Überschneidungen mit den Strategien des modernen Nonsens (Köhler 1989), der ähnlich wie antike Vorstellungen von obscuritas mit der Provokation von Mehrdeutigkeiten operiert. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Engführungen zwischen antiker Rhetorik und moderner Theoriebildung vielversprechend.

Die mhd. Kleinepik modelliert unterschiedliche Spielarten poetischer Dunkelheit auf begrenztem Raum und macht sie in prägnanter Weise anschaulich. Für das Panel werden daher Beiträger*innen gesucht, die das besondere Aufschlusspotential kleinepischer Texte für die Suche nach Strategien poetischer Sinnverdunkelung herausarbeiten. Mögliche thematische Schwerpunkte können a) auf den theoretischen und methodischen Voraussetzungen von Mehrdeutigkeit und Dunkelheit liegen (so wäre etwa zu fragen, wie sich Mehrdeutigkeit und Dunkelheit voneinander unterscheiden lassen, wie die historische Dimension poetischer Dunkelheit profiliert werden kann und welchen spezifischen Herausforderung eine mediävistische Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex begegnen muss), b) die konkreten narrativen und rhetorischen Strategien zur Erzeugung von poetischer Dunkelheit herausarbeiten, welche in kleinepischen Texten Anwendung finden (Serialität, [Anti-]Pointe, dunkle Metaphorik u.a.) oder sich c) genretypischen Differenzen und Analogien widmen (wie wird Dunkelheit im Märe, Schwank, Spruch, Rätsel und der Legende erzeugt? Wo sind Interferenzerscheinungen zu beobachten?). Weitere Themenvorschläge sind sehr willkommen.

Erbeten werden Vorschläge für Vorträge (à 20 Min.) in Form von Abstracts (max. 300 Wörter) sowie eine Kurzbiographie (max. 400 Wörter). Beiträge von Nachwuchswissenschaftler*innen sind ausdrücklich erwünscht. Bitte senden Sie Abstract und CV bis zum 01. Juli 2021 vorzugsweise per Email an Mareike von Müller: mareike.mueller-von@phil.uni-goettingen.de oder mmuelle9@gwdg.de.

Workshop Temporal Communities – 18.-19.03.2021

Onlineworkshop über Zoom

Anmeldung: Bitte via E-Mail an: silvan.wagner@gmx.de

Programm-Flyer als pdf-Datei

Keynote-Vorträge:

  • Hans Jürgen Scheuer: Aus totem Holz ein grüner Trieb. Apokryphe Wege des Spiritualsinns in Kino und vormodernem Exempel am Beispiel von AaTh 763 (Schatzfinder morden einander)
  • Anita Traninger: Like a Rolling Stone: Baustellen und Bausteine von Temporal Communities

Impuls-Vorträge:

  • Martin Sebastian Hammer: »Aber die beste und sicherste Tarnung ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit« Zur ›temporal community‹ symbolischer Macht und (un)verhüllter Evidenz im ›Ritter unter dem Zuber‹ des Jacob Appet
  • Caroline Emmelius: Heiliges Blut und göttlicher Zorn. Die Erzählung von den Spielern von Willisau als Mirakel, Wunderzeichen und Exempel
  • Sina Kobbe: „Aber Lew sich anders bedacht“ (V. 82): Ein Blick auf die anderen Schwankromane
  • Natalie Mlynarski: Überlieferungserfolg durch Hybridität? Eine Analyse ausgewählter Überlieferungsträger des Bruder Rausch-Stoffs
  • Tina Terrahe: Blutsegen und Wurmexorzismen: Heil- und wundersame Kleinstepik mit großer Wirkung
  • Anna Mühlherr: O Maria hilf!
  • Sylvia Jurchen: Als Griffel verschweig ich den Autor. Der ‚Wunderdialog‘ des Caesarius von Heisterbach als gemeinschaftsstiftender Wechselgesang

 

Vormoderne Kleinepik basiert auf Bausteinen, die wesentlich kompakter sind als die aus ihnen zusammengesetzte Erzählung. Sie existieren als Varianten wiedererkennbarer Typen zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten und lassen sich in diachronen Reihen anordnen. So systematisiert, können diese Bausteine analytisch in zweierlei Richtung genutzt werden: Entweder führen sie in ihren Überlieferungskontexten paradigmatisch zu konkreten Gebrauchssituationen zurück. Oder sie können syntagmatisch den Blick auf die jeweiligen Kombinationen von Bausteinen im Wiedererzählen desselben Stoffes lenken und damit auf ganz unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten. Solche Gefüge lassen sich als „temporal communities“ beschreiben. Ihr Potenzial für die kleinen Formen der vormodernen Literatur gilt es im Workshop auszuloten.